Leonard Las Vegas – Jagmoor Cynewulf

Leonard Las Vegas – Jagmoor Cynewulf                             

File under: Indie/Drone Pop/Postrock/Existentialismus

VÖ: 4. September 2015, Label: Blackjack Illuminist (Vertrieb: Radar Music)

Jean-Paul Sartre wäre Shoegazer gewesen: Rein soundtechnisch sind es doch Postrock und eben Shoegaze, die am ehesten als Schleudersitz aus dem Ich fungieren würden. Dichte Genres wie diese, die den Hörer umgarnen und umdröhnen, betäuben und berauschen; die einen glauben lassen, man könne sich irgendwann selbst von außen betrachten und dadurch wahrhaftig erkennen. – Geht natürlich alles nicht; doch das ist Jagmoor Cynewulf egal. Dem Protagonisten des neuen Albums von Leonard Las Vegas ist die bloße Ahnung eines Ziels (das Selbstverstehen) Grund genug, sich in die Tiefen der menschlichen Psyche hinabzulassen – und zu scheitern. Wer mit ihm gehen will, lese am besten auch das Buch zur Musik: eine existentialistische Erzählung in 18 Kapiteln.

Leonard Las Vegas sind ein Berliner/Würzburger Duo, das im Herzen Pop spielt, jenen aber mit einer unüberhörbaren Leidenschaft für flächige Postrock-Shoegaze-Gitarren speist. Die brodelnde Unruhe von Sänger Leonard, die live zuweilen für ekstatische Ausbrüche sorgt, und das treibende Drumming von David ergeben so zusammen mit dem Dröhnen des Verstärkers ein Alleinstellungsmerkmal, bei dem ein Vergleich mit existenten Bands nicht nur den Kritikern und der Presse schwer fällt (Beispiel: Die „Welt“ fühlte sich an den jungen Michael Jackson erinnert , der bayrische Rundfunk an My Bloody Valentine, und Motor.de sprach einfach von einer „Nicht-Beschreibbarkeit [des] Stils“).

Über den Umweg einer 5-köpfigen Live-Band besteht das einstige Soloprojekt on stage seit vier Jahren als Duo: Songwriter Alexander Leonard Donat und Drummer David Kandert. „Jagmoor Cynewulf“ ist mittlerweile das vierte Album von Leonard Las Vegas.

Jagmoor Cynewulf

[gesprochen: ‘djägmoor ’kinewulf]

 Musik: Songs wie “Where To Go?”, “Anything But This”, “Give Me Darkness”, “Need To End”, ”Eve, What About You?“  oder “What Will You Tell Your Kids?” sind allesamt würdige Vertreter einer fern jeglicher Trends und Klischees funktionierenden Definition von Pop. Sie funktionieren als Einzelsongs, im Albumkontext jedoch reihen sie sich in ein zwölf Songs umfassendes, musikalisch dichtes Postrock/Shoegaze-Gebilde und einen dramaturgisch bewusst arrangierten Handlungsverlauf ein, über den es 50 Minuten lang grau hinunter regnet. Der Hörer wird dabei durch das Auf und Ab der aufgebrochenen helldunklen Gefühlswelt der Figur Jagmoors geführt, und nach und nach baut sich so eine ganze Welt auf, die schlussendlich auch wieder in sich zusammenfällt. 

Buch:„Das Leben an sich war keine Last, nichts Verachtenswertes, nichts, das man nicht irgendwie hätte liebgewinnen können; aber mir schwante: Es war unwirksam. Und so erfasste mich aus dem Hinterkopf strömend schließlich eine wahre Welle aus Traurigkeit und Verzweiflung, als mir die vernichtende Wertlosigkeit menschlicher Existenz in nackter Hässlichkeit vor Augen geführt wurde.“ (Kap. 16 – auf Anfrage senden wir das komplette Buch als pdf)

Angst, Tod, Freiheit, Verantwortung: „Jagmoor Cynewulf – Über die Unüberwindbarkeit des Schwebens“ ist auch die 18-teilige Erzählung eines unberechenbaren jungen Mannes, dessen labiler geistiger Zustand nicht nur zu einer bröckelnden Innen- sondern auch Außenwelt führt. Von Beginn an ist der Leser aus der Sicht des Anti-Helden Jagmoor einer düster-atmosphärischen Handlung ausgesetzt, die an der zunehmenden Ich-Auflösung und dem Ankämpfen gegen die Unergründlichkeit des Seins teilhaben lässt. Im Alleingang befindet er sich auf der Suche nach und gleichwohl der Flucht vor seiner eigenen vertrauensunwürdigen Psyche – in der Hoffnung, das Wesen seiner Persönlichkeit zu ergründen.

„Jagmoor Cynewulf“ erscheint am 4. September in handverarbeiteten Verpackungen als Vinyl (limitiert auf 100 Stück), CD, Kassette, Download und als Buch auf dem bandeigenen Label Blackjack Illuminist.

Kontakt: blackjackilluminist-records@gmx.de // www.blackjackilluministrecords.bandcamp.com // www.facebook.com/pages/leonardlasvegas