Diese Website verwendet Cookies, um die Bereitstellung von Diensten zu verbessern. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Mehr ... schließen ×
+

Das Urteil gegen die GVL

karlheinz-bandosz-heja-bvb-1977
 .
Die GVL ist in Berufung gegangen: Kammergericht Berlin 24 U 100/23
Wir haben den Prozess gegen die GVL vor dem Landgericht Berlin gewonnen. Die Entscheidungsgründe liegen nicht nur für 2018 sondern über den gesamten Vertragszeitraum seit 1977 vor und belegen den Betrugsvorwurf gegen die Geschäftsführung der GVL. 1. „Es wird festgestellt, dass die Erlösverteilung der Beklagten gegenüber der Klägerin im Jahr 2018 für die nutzungsbasierte Vergütung im Hinblick auf den Titel „Heja BVB“ rechtswidrig war und die Erlösverteilung zu Grunde liegende Verteilungsregelung nichtig ist“.

Beglaubigte Abschrift

Az.: 15 0 219/21 (2)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Gregor Arz und Manfred Wehrhahn GbR, vertreten durch d. vertretungsber. Gesellschafter,

Eisenmarkt 4, 50667 Köln    

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Besau & Partner Rechtsanwälte, Vogelsanger Weg 6, 50354 Hürth, Gz.: SBE 2020/0404

gegen

Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), Podbielskiallee 64

14195 Berlin

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Boehmert & Boehmert, Kurfürstendamm 185, 10707 Berlin, Gz.: G75061-ST

hat das Landgericht Berlin – Zivilkammer 15 – durch den Richter am Landgericht Reith als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2023 für Recht erkannt:

1 . Es wird festgestellt, dass die Erlösverteilung der Beklagten gegenüber der Klägerin im Jahr 2018 für die nutzungsbasierte Vergütung im Hinblick auf den Titel „Heja BVB“ rechtswidrig war und die dieser Erlösverteilung zu Grunde liegende Verteilungsregelung nichtig ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden,

wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin des Songs „Heja BVB“ und seit dem 25. Oktober 1977 Wahrnehmungsberechtigte der Beklagten.

Die Beklagte ist eine Verwertungsgesellschaft für Musikwerke.

Das Lied „Heja BVB“ ist seit dem Jahr 1977 als Fan- und Vereinssong von Borussia Dortmund als Stadionlied, Single und im Rahmen von zahlreichen Computerspielen genutzt worden. Das Lied wird insbesondere bei Heimspielen des Fußballvereins Borussia Dortmund regelmäßig im Stadion abgespielt. Andere Verwertungsarten sind für das streitgegenständliche Lied von stark untergeordneter Bedeutung.

Die Verteilung der Vergütung für das streitgegenständliche Lied im hier maßgeblichen Jahr 2018 orientierte sich maßgeblich an den Sendeminuten in den Mainstream-Medien (insbesondere Radio). Das öffentliche Abspielen des Liedes im Stadion wurde nicht gesondert erfasst; hierfür ist von den verantwortlichen Veranstaltern eines Fußballspiels an die Beklagte gesonderte Gebühren zu entrichten.

Rückwirkend zum Jahr 2019 besteht nunmehr eine Regelung zwischen der Beklagten und ihre Nutzungsberechtigten mit dem Titel „Direktverteilung öffentliche Wiedergabe“. Diese gilt auch für den Stadionbereich und es wird nunmehr im Einzelnen erfasst, welche Lieder im Stadion öffentlich wiedergegeben werden. Diese öffentlichen Wiedergaben werden ab dem Jahr 2019 bei der Erlösverteilung berücksichtigt, was im Jahr 2018 nicht der Fall war. Wegen der damals geltenden Verteilungspläne kann auf die Anlage BI verwiesen werden.

Diesem Verfahren vorangegangen war ein Schlichtungsverfahren beim Beschwerdeausschuss bei der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL). Die Klägerin wendete sich dort gegen die Verteilungspraxis der Beklagten, wie sie im Jahr 2018 noch erfolgte. Ihre Beschwerde wurde zurückgewiesen. Es wird auf den Beschluss des Beschwerdeausschusses der GVL vom 13. Februar 2020 (Anlage 82) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Verteilung im Jahr 2018 auf einer willkürlichen Grundlage erfolgte und daher rechtswidrig war.

Die Klägerin beantragt unter Venueis auf ihre Erläuterungen im Schriftsatz vom 3. Januar 2022 und dem Hinweis, dass die Feststellung der Nichtigkeit von S 6 des Wahrnehmungsvertrags begehrt werde,

festzustellen, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten im Jahr 2018 berechtigt war, eine nutzungsbasierte Vergütung im Hinblick auf ihren Titel „Heja BVB“ im Rahmen des Wahrnehmungsvertrages vom 20. März 2008 zu verlangen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Vergütungsverteilung im Jahr 2018 rechtmäßig war, da die Einzelerfassung vom im Stadion abgespielter Lieder mit einem unzumutbaren Aufwand einhergegangen wäre.

Entscheidungsgründe

I

Die Klage erweist sich bei sachgerechter Auslegung als zulässig. Die Klägerin wendet sich gegen die Art der für das Jahr 2018 vorgenommenen Erlösverteilung, durch welche sie willkürlich benachteiligt worden sei. Außerdem wendet sie sich gegen die der Erlösverteilung zu Grunde liegende Regelung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung verwies der Klägervertreter zwar auf S 6 des Wahrnehmungsvertrages. Aus diesem ergibt sich jedoch nicht die konkret beanstandete Erlösverteilung. Aus dem gesamten Klagevorbringen ergibt sich, dass sich die Klägerin gegen den für sie einschlägigen Verteilungsplan wendete.

Der Klageantrag ist nicht zu unbestimmt.

Nach S 253 Il Nr. 2 ZPO darf ein Klageantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (S 308 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Bekl. deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung über den Inhalt des Titels dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Im Falle der Feststellungsklage muss das Rechtsverhältnis, dessen Feststellung verlangt wird, so genau bezeichnet werden, dass es vom Gericht bejaht oder verneint werden kann und über den Umfang der Rechtskraft seiner Entscheidung keine Ungewissheit verbleibt. Bei der Auslegung des Klageantrags ist der Vortrag des Klägers zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2021, 151 1 Rn. 14, beck-online).

Diesen Anforderungen wird der Klageantrag noch gerecht. Zur Bestimmtheit war insbesondere nicht erforderlich, dass die Klage auf die Nichtigkeit der konkreten Vergütungsregelung gerichtet war. Die Klage beschränkt sich erkennbar alleine auf das Abrechnungsjahr 2018. Nach dem Inhalt der Klagebegründung unter Berücksichtigung der Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung soll die Nichtigkeit der Verteilungsregelung für dieses Jahr festgestellt werden und festgestellt werden, dass die tatsächlich erfolgte Verteilung rechtswidrig war. Da der Beklagten bekannt ist, auf welchem Verteilungsplan genau die Verteilung erfolgte, muss dieser nicht näher bezeichnet werden. Dies gilt umso mehr, als diese Verteilungsregelung unstreitig nicht mehr in Kraft ist und ihre Nichtigkeit mit Wirkung für die Zukunft gerade nicht festgestellt werden sollte. Die Nichtigkeitsfeststellung entfaltet ohnehin nur Feststellungswirkung zwischen den Parteien.

II

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Als Tonträgerherstellerin steht ihr ein originäres Nutzungsrecht zu, welches im Falle der öffentlichen Wiedergabe zu Vergütungsansprüchen führt, SS 85, 86UrhG.

Die Beklagte ist als Verwertungsgesellschaft passivlegitimiert.

Das von der Beklagten im Jahr 2018 angewandte Verteilungsverfahren erweist sich als willkürlich und damit rechtswidrig. Die ihr zugrunde liegenden Verteilregeln sind bezüglich der Klägerin nichtig, S 27 VGG i.V.m. S 134 BGB.

Unstreitig war der maßgebliche Verteilungsmaßstab die Nutzung von Musikwerken durch öffentliche Wiedergabe in Massenmedien (zum Beispiel TV und Radio). Die Nutzung durch Abspielen in Sportstadien wurde nicht erfasst und bei der Verteilung nicht berücksichtigt.

Eine solche Erfassung und Berücksichtigung wäre indes erforderlich und geboten gewesen.

Gesetzliche Vergütungsansprüche und einzelne Nutzungsrechte werden vor allem deswegen von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen, weil massenhafte Nutzungen individuell kaum kontrollierbar sind. Des Weiteren unterliegen Verwertungsgesellschaften dem Wirtschaftlichkeitsgebot und sind daher verpflichtet, ihren Verwaltungsaufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den Einnahmen zu halten (S 31 Abs. 2 VGG). Soweit Nutzungsvorgänge nur mit unverhältnismäßigem Aufwand individuell erfasst werden können, darf geschätzt, typisiert, pauschaliert oder generalisiert werden (BVerfG ZUM 1997, 555 — Bandübernahmeverträge; GRUR 2014, 479 Rn. 23 – Verrechnung von Musik in Werbefilmen; GRIJR 2013, 1220 Rn. 76 — Gesamtvertrag Hochschul-lntranet; GRUR 2005, 757, 760 – PRO-Verfahren; KG ZUM 2013, 577, 579 f. – Druckbearbeiter; OLG München ZUM 2010, 459, 460 f.).

Der BGH geht von einem außerordentlich weiten, nur durch das Willkürverbot begrenzten Beurteilungsspielraum aus. Maßstab für die Verteilungspläne ist deshalb das Willkürverbot.

(Wandtke/BulIinger/Gerlach, 6. Aufl. 2022, VGG S 27 Rn. 5). Allerdings gebietet das Leistungsprinzip, dass Verwertungsgesellschaften alle Daten zur Werknutzung möglichst genau erfassen, die zur Berechnung der Vergütung erforderlich sind. Eine Verwertungsgesellschaft ist grundsätzlich gehalten, die zur Berechnung der Vergütung erforderlichen Daten der Werknutzung möglichst genau zu erfassen. Eine typisierende, pauschalierende oder generalisierende Erfassung ist nur gerechtfertigt, soweit die vielzähligen Nutzungsvorgänge nur mit unverhältnismäßigem Aufwand individuell erfasst werden können (BGH GRUR 2013, 1220 Rn. 76, „Gesamtvertrag Hochschul-lntranet“, beck-online).

Nach diesen Grundsätzen wäre eine gesonderte Erfassung der Nutzung durch öffentliches Abspielen des Musikwerks erforderlich gewesen. Es handelt sich um eine eigenständige und abgrenzbare Nutzungsart. Der mit der Erfassung verbundene Aufwand war der Beklagten zumutbar. Hierbei ist insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung dieser Nutzungsart zu berücksichtigen. Unbestritten hat die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagte erhebliche Einnahmen durch das Abspielen von Musik in Stadien erzielt. Es handelt sich um eine wirtschaftlich bedeutende Werknutzung, vor regelmäßig vielen zehntausenden Zuschauern.

Die von der Beklagte in Bezug genommene Argumentation der Schlichtungsstelle (Anlage B2) überzeugt nicht. Die Erfassung der einzelnen Werknutzungen war der Beklagten zumutbar und dies jedenfalls im Falle der Nutzung in Fußballstadien vor vielen 10.000 Zuschauern. Im Falle einer solchen intensiven Nutzung ist es zumutbar, es dem anmeldenden Kunden aufzuerlegen, die abgespielten Titel mitzuteilen, um eine nutzungsbezogene Vergütungsverteilung zu ermöglichen. Dass dies zumutbar und insbesondere auch tatsächlich durchführbar ist, wird allein dadurch belegt, dass die Beklagte genau ein solches Verfahren seit dem Jahr 2019 anwendet. Hierbei hat auch nicht der technische Fortschritt zu einer Erleichterung der Erfassung geführt. Wie die Beklagte selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung ausführte, werden die Titel auf einfaChen Meldeformularen mitgeteilt und nicht etwa in einem automatisierten System.

Zwar ist es der Beklagten nicht mehr möglich, für das Jahr 2018 rückwirkend eine Nacherfassung vorzunehmen. Gleichwohl wird es ihr zumutbar sein, aufgrund künftiger Auffassungen im Wege der Schätzung die Stadionnutzung hinreichend zu berücksichtigen und zu einem willkürfreien Verteilergebnis im Verhältnis zum Beklagten zu kommen.

IlI

Die Kostenentscheidung beruht auf S 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigeVollstreckbarkeit beruht auf S 708 Nr. 1 1 ZPO.

Reith
Richter am Landgericht

Verkündet am 25.08.2023

Eggert, JSekr’in als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Für die Richtigkeit der Abschrift Berlin, 29.08.2023Eggert (Ausbildungsgeschäftsstelle), JSekrAnw’in Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt- ohne Unterschrift gültig

Teilen: facebook


Weitere Beiträge


Hinterlasse eine Nachricht


Die Kommentarfunktion wurde geschlossen.